geschrieben von R. Lilge am 08.10.2013
FIFA oder PES? Stellt man diese Frage dem geneigten Fan des
Konsolenfußballs, so wird man schnell feststellen, dass diese eine
Glaubensfrage darstellt. Man könnte genauso gut fragen: "Coca Cola oder
Pepsi?" "Apple oder Android?" "Adidas oder Nike?". Es
heißt entweder oder.
So werden sich auch in diesem Jahr wieder zwei Lager heraus
bilden, denn mangels Alternativen hat man als Fußballfreund die Wahl zwischen
FIFA 14 von EA Sports und Pro Evolution Soccer 2014 von Konami.
Stationgamer hat beide Kontrahenten um den Titel "Beste
Fußballsimulation" unter die Lupe genommen und präsentiert euch das
Ergebnis im finalen Test:
FIFA 14
Vorab ist zu sagen: EA Sports hat vieles richtig gemacht mit
dem neuesten Ableger der seit 1993 erscheinenden Reihe und wirkt runder denn
je. Vorbei sind die Zeiten, indem man beim Kauf der neuen Ausgabe lediglich ein
kostenpflichtiges jährliches Daten-Update ohne nennenswerte Verbesserung der
Spielmechanik bzw. der KI erhielt. Die Entwickler steuerten diesem Trend in den
letzten Jahren glücklicherweise entgegen und verbesserten das Innenleben der
Titel merklich. So auch in diesem Jahr:
Neben dem stets vorhandenen, riesigen Paket an offiziellen
Lizenzen aller relevanten Ligen, Spielern, Stadien und Marken sind auch die
Spielmodi vielfältig und bieten genügend Abwechslung. Kern ist der extrem
umfangreiche Karrieremodus, der euch am Anfang die Wahl lässt, ob ihr euer
Können als Trainer und Manager eures Lieblingsteams beweisen wollt oder die
Herausforderung annehmt, es als Spieler bis ganz nach oben zu schaffen. Hierbei
bietet das Spiel eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten und lässt euch in
vielen Belangen Entscheidungsfreiheit. So bestimmen wir als Manager das
Personal des Teams, schicken Scouts auf die Suche nach Talenten um den Globus
und kümmern uns um die Finanzen, während das Team "nebenbei" zum
Erfolg geführt werden muss. Dabei bekommt ihr immer wieder Aufgaben und
Anfragen per E-Mail in euer virtuelles Büro und habt neben dem Saison-Alltag
stets genug zu tun. Anfangs können die Komplexität und die Menge an Features
erschlagend wirken, jedoch bietet das Game genug Hilfestellung und übernimmt
auf Wunsch manche Aufgaben. Je nach Team bekommt ihr Saisonziele vom Vorstand
des Vereines vorgegeben, die es zu erfüllen geht. Mal wird der Klassenerhalt
gefordert oder es geht um den Champions League Titel. Gelingt es nicht, diese
Erwartungen zu erfüllen, kann es mit der Trainerkarriere schnell vorbei sein,
wie im echten Leben.
Für Sammlernaturen bietet der Ultimate-Team-Modus, das
virtuelle Sammelkartenspiel, die ideale Möglichkeit, sein eigenes Fantasy-Team
zusammen zu stellen, um dieses dann gegen andere Spieler und deren Teams
antreten zu lassen. Durch Siege in Wettbewerben und dem Ligabetrieb schaltet
ihr Boosterpacks frei, die neue Karten enthalten. Diese können Spieler,
Stadien, Trikots oder Mannschaftsembleme enthalten, die nach Wertigkeit und
Seltenheit unterteilt sind. Zusätzlich müsst ihr die Team-Chemie im Auge
behalten, die die Gesamtstärke eures Teams beeinflussen. So verstehen sich
Spieler auf dem Platz besser, wenn sie die gleiche Nationalität besitzen oder
in einer Liga spielen. Dies schafft enorme Motivation, da man unbedingt das
perfekt ausbalancierte Team erschaffen möchte.
Durch Erfolge in den einzelnen Spielmodi verdient ihr Punkte,
die im FIFA-Shop neue Inhalte freischalten. Zusätzlich steigt ihr durch
Erfahrungspunkte in eurem Spielerlevel auf und habt somit einen Indikator für
euer Können. Wenn ihr online seid, bekommt ihr stets auch die Ergebnisse eurer
Freunde angezeigt, was einen zusätzlichen Anreiz gibt, sich zu verbessern. Auch
die Kader und Form der Spieler werden dank ständig aktualisierter Daten stets
auf dem neuesten Stand gehalten. Außerdem könnt ihr euch die aktuelle
Tabellenplatzierung eures anfangs gewählten Lieblingsclubs anzeigen lassen, was
nicht nur das Herz der Statistikfreunde höher schlagen lässt. Geschmackssache
sind hingegen die Mini-Spiele im Loadingscreen, die Disziplinen wie
Zielscheiben-Schießen und Slalom-Dribbling-Parcours beinhalten, jedoch schnell
langweilig werden.
Doch es gibt auch Dinge in FIFA 14, die weniger gut gefallen
und diese sind oftmals auf dem Platz zu sehen. Beginnend mit teilweise extremen
Unterschieden im Aussehen der Akteure. Viele Stars wurden anhand von
Gesichtsfotografien realistisch nachempfunden, jedoch muss man bei manchen
Spielern zweimal hinschauen, um eine Ähnlichkeit festzustellen. Auch die
Farbgebung von Trikots und Rasen wirkt manchmal ein wenig zu grell und kräftig,
was den Realismus schmälert. Des Weiteren treten in manchen Cutscenes vermehrt
Ruckler auf, was auf diesem Niveau fatal sein kann. In Sachen Animationen und
Ballphysik konnten wichtige Fortschritte erzielt werden, jedoch fühlt sich der
Spielablauf immer noch ein bisschen zu schnell und reibungslos an, was manche Situationen berechenbar macht. Die
sonst sehr authentische Soundkulisse mit originalen Stadiongesängen aus der
ganzen Welt wird oft von den unpassenden und teilweise lächerlichen Sprüchen
der Kommentatoren kaputt gemacht, die bei realen Partien einen deutlich
besseren Job machen. Der gewichtigste Kritikpunkt liegt wohl aber im Fehlen der
Champions League und Europa League Lizenz. Die Königsklasse nicht dabei zu
haben, könnte für manche ein Grund gegen den Kauf sein.
Abschließend ist festzustellen, dass FIFA 14 ein super
Gesamtpaket bietet und viele Fehler in Anbetracht des riesigen Umfangs
sicherlich vernachlässigbar sind. Durch die Aktualität und die große
Online-Community ist auf jeden Fall für Langzeitmotivation gesorgt.
Pro Evolution Soccer 2014
PES genoss lange den Ruf, in Sachen Realismus das
Nonplusultra was Fußballsimulationen angeht zu sein. Diesen Ruf verspielte
Konami jedoch in den letzten Jahren, weil man sich ein wenig auf den Lorbeeren
der Fachpresse ausruhte und sich lieber auf grafische Verbesserungen und den
Erwerb neuer Lizenzen konzentrierte, um den Abstand zum großen Konkurrenten
FIFA zu verkürzen. So wurde bis zum Vorgänger an einer veralteten Engine
festgehalten, was viele Fans frustrierte, da man das Gefühl hatte, die Serie
könnte in Stagnation versinken. Dies ändert sich jedoch mit dem aktuellen Teil
der Reihe, der fast alles richtig macht.
Größte Errungenschaft ist sicherlich die neue Fox-Engine, die
vom Metal Gear Solid - Schöpfer Hideo Kojima und seiner Mannschaft entwickelt
wurde. Das Geschehen auf dem Platz hat nie zuvor so realistisch ausgesehen. Das
neue Gerüst kommt auch den exzellenten Animationen zu Gute, die nochmals
verbessert werden konnten. Dies wird insbesondere deutlich, wenn man sich die
Spieler anschaut, die eine sogenannte Player ID spendiert bekommen haben. Stars
wie Cristiano Ronaldo, Arjen Robben oder Robin van Persie bewegen sich exakt
so, wie sie es im realen Leben tun. Vom Laufstil über Schüsse oder
charakteristische Gesten, wie dem Torjubel, alles wurde von den Entwicklern
berücksichtigt. Insgesamt wurden über einhundert Akteure auf diese Weise
gestaltet. Auch in Sachen Ballphysik kann PES wieder auftrumpfen. Man merkt bei
jedem Pass, jeder Flanke und jedem Schuss, dass sich der Ball individuell
verhält und es fühlt sich sehr echt an. Mit dieser Komplexität muss der Spieler
natürlich umgehen können, was für Neulinge sicherlich einige Zeit in Anspruch
nehmen wird. Die erweiterte 360 Grad-Steuerung hilft jedoch dabei. Man hat
jederzeit das Gefühl, die komplette Kontrolle zu haben. Wenn es zu Zweikämpfen
um den Ball kommt, lässt das neue Motion Animation Stability System (M.A.S.S.)
seine Muskeln spielen. Die Kollisionsabfrage ist brillant. Je nach dem, aus
welcher Richtung und wie stark der Spieler attackiert wird, fällt auch die
Reaktion mal mehr oder weniger heftig aus. Dies geht vom leichten Straucheln
bis hin zu argen Stürzen, bei denen selbst das Zuschauen Schmerzen bereitet.
Auch der Körperbau der Spieler spielt
jetzt eine stärkere Rolle. Sind diese klein und schmächtig, kann der Ball
leichter abgenommen werden, als bei großen, muskulösen Athleten, die ihr
gesamtes Gewicht entgegenstemmen können.
Dies trägt im Zusammenspiel mit den schönen Lichteffekten,
realistischen Trikots und verbesserten Publikumsreaktionen zum grandiosen
optischen Eindruck bei. Es ist deutlich mehr los auf den Rängen, als in
vergangenen Teilen der Serie, was die Stadionatmosphäre komplettiert. Jedoch
hat auch PES in Cutscenes und Wiederholungen mit Rucklern zu kämpfen, was sehr
schade ist. Zusätzlich zum gelungenen Äußeren macht auch der Soundtrack Spaß.
Zwar weniger umfangreich, als im Vorgänger, jedoch mit Qualität ausgestattet,
bietet die Playlist vom Gassenhauer "Carnival de Paris" bis zu
klassischen Kompositionen wie "Nessun Dorma" viel Abwechslung.
Viele Fans wird es freuen, dass der klassische Liga-Modus
zurück ins Spiel gefunden hat. Dieser konzentriert sich auf die reguläre Saison
eurer Mannschaft. Wem dies zu simpel ist, kann im Meisterliga-Modus zum Manager
eines Clubs werden, der von Aufstellung bis Transfers alles im Blick haben
muss. Die exklusiven Lizenzen für die UEFA Wettbewerbe Champions League und
Europa League machen separate Modi für die europäische Königsklasse möglich,
die mit allen offiziellen Einspielern, Layouts und Hymnen in Szene gesetzt
werden. Wer diese Turniere spielen möchte, muss also zu PES greifen. Ebenfalls
enthalten sind die AFC Champions League aus Asien, der UEFA Super Cup und die
Copa Libertadores aus Südamerika. Bei den Lizenzen für die internationalen
Ligen sieht es wie so oft etwas anders aus: Alle Teams aus der ersten
spanischen, italienischen, französischen und niederländischen Liga sind
enthalten. Aus der englischen Premier League ist lediglich Manchester United
der einzige Club mit offizieller Lizenz. Die übrigen Clubs müssen mit
Fantasienamen wie London FC für den FC Chelsea auskommen. Auch die Bundesliga
ist nicht vertreten. Die deutschen Mannschaften Bayer Leverkusen, Schalke 04
und der FC Bayern München fallen unter die Kategorie "Rest Europa".
Leider haben auch weniger Stadien ihren Weg ins Spiel gefunden, was den Genuss
ein wenig schmälert.
Die fehlenden Lizenzen sind Teil von nur wenigen
Kritikpunkten an PES 2014. So kommt auch in Konamis Version des virtuellen
Kicks der Kommentar nicht optimal rüber. Das altbekannte Duo, bestehend aus Wolff-Christoph
Fuss und Hansi Küpper machen zwar insgesamt einen akzeptablen Job, doch wirken
sie in diesem Jahr teilweise unmotiviert und nicht mehr so leidenschaftlich wie
früher. In manchen Situationen, wie beispielsweise Standards,
"vergessen" sie häufig den
Namen des Spielers, der diese ausführen wird.
PES 2014 mag weniger umfangreich als der direkte Konkurrent
FIFA 14 sein und ist vielleicht nicht ganz so spektakulär in Szene gesetzt,
jedoch wird dies durch das grandiose Spielgefühl ausgeglichen. Die Akribie der
Entwickler macht sich auf dem Platz bezahlt. Nie war virtueller Fußball näher
an der Realität als bei PES 2014.
Follow @Gameathlet