geschrieben von N. Kutra am 12.12.2013
Herr der Tiere
Microsoft verbindet mit seinem Kinect-Sensor offensichtlich Tiere. Wie
ist es sonst zu erklären, dass man nach Kinectimals auch dem Reboot der
Zoo Tycoon-Serie die volle Packung an Kinect-Features verpasst? Doch
neben dem Pflegen und Füttern einer Vielzahl von exotischen Wildtieren,
gilt es hier auch den Park eurer Träume zu errichten. Da stellt sich
natürlich die Frage, ob der Fokus wie früher auf dem Simulations-Aspekt
liegt. Oder hat Frontier Developments sich zu sehr mit der
Bewegungssteuerung beschäftigt und dabei die Verwaltung des Zoos
vernachlässigt?
Die Freuden eines Zoo-Direktors
Wer erinnert sich nicht mehr an die frühen 2000er, als Microsoft den
ersten Ableger von Zoo Tycoon für den Heimcomputer veröffentlichte und
somit dem Genre der Simulationen einen weiteren würdigen Vertreter
bescherte. Selbst denjenigen unter uns, die nicht mit dem richtigen
Riecher für das Anlegen von Geld ausgestattet waren, bot das Spiel eine
Menge Spaß. So baute man Gehege um Gehege bis der Geldhahn abgedreht
war, nur um zuletzt den Eingangsbereich mit einem hohen Zaun zu versehen
und eben jenen vom Käfig der Tiger zu entfernen... Eurer Fantasie sind
im Konsolen-exklusiven Reboot der Reihe zugunsten einer
familienfreundlichen Verpackung leider deutlich mehr Grenzen gesetzt. Dies fällt gleich bei den ersten Schritten im langatmigen Tutorial auf.
Alle Objekte, Gehege und Einrichtungen, die euren Tierpark verbessern
sollen, werden vollautomatisch generiert. Eure Aufgabe ist es lediglich,
diese in den gewünschten Winkel zu drehen und zu platzieren. Eure Xbox
übernimmt außerdem ungefragt die Verbindung mit dem Rest des Zoos und
pflastert einen Pfad, den die Besucher nutzen können, um den Neuzugang
zu bewundern. Vorbei sind die Zeiten, als ihr liebevoll einen Zaun
gezogen- und das Habitat eingerichtet habt. Willkommen, Zoo Tycoon, im
Kreis der rosaroten Casual-Games! Es ist ja durchaus eine nette Geste,
es Wenigspielern und Kindern so leicht wie möglich zu machen, etwas
ansehnliches auf den Bildschirm zu zaubern. Aber angesichts der
Tatsache, dass ihr nicht mal selbst aussuchen dürft, wo genau die
Futterkrippe im Areal der Grizzlybären stehen soll, schießt man über das
Ziel hinaus. Wieso bietet man tiefergehende Optionen nicht als
Alternative für erfahrene Zoo Tycoons an? Es fehlt eindeutig an
kreativer Freiheit, die uns in der Vergangenheit für eine Viehlzahl an
Stunden motiviert hat. Eurer Kreativität werden außerdem aufgrund des mäßigen Interfaces zusätzliche Hürden auferlegt. Jede Aktion verlangt es von euch durch die immer gleichen Menüs und deren Unterpunkte zu
scrollen. Es fehlen auch eigentlich selbstverständliche Funktionen wie
das Duplizieren- oder Löschen von Gegenständen. So wird zur Arbeit, was
eigentlich Spaß machen sollte. Selbst die Sprachsteuerung über Kinect
wird nicht voll ausgeschöpft. Es gibt zwar eine Reihe von
Sprachbefehlen, aber diese stehen meist nur zur Verfügung, wenn auch die
jeweilige Controllereingabe möglich ist.
Tierisch viel Arbeit!
Ganz ohne Verwaltungskonzept kommt ihr zumindest im Kampagnenmodus nicht
aus. In den schwierigeren Szenarien ist es durchaus wichtig eure
Finanzen im Blick zu behalten und gezielt für neue Anlagen oder Werbung
auszugeben. Aber selbst wenn man sich traut den Spieler tiefer in die
Materie einsteigen zu lassen, erreicht man lange nicht die Komplexität
der Vorgänger. So könnt ihr zum Beispiel bei Eintrittspreisen lediglich
zwischen drei Stufen wählen, statt diesen bis auf den Cent genau zu
bestimmen. Immerhin kostet euch dies weniger Zeit, denn in diesem
Spielmodus kann diese durchaus knapp werden. In der Ecke eures
Fernsehers läuft unaufhörlich ein Countdown herunter, der euch die
verbleibenden Minuten zur Erfüllung eurer Missionsziele verrät. Dabei
handelt es sich primär um die typischen Aufgaben eines Zoo-Direktors. Es
liegt an euch gewünschte Tiergehege zu errichten, Besucherrekorde zu
verzeichnen und Ruhm zu erlangen. Abwechslung kommt dazu, wenn ihr in
der Third-Person-Ansicht unterwegs seid. Ja, richtig gelesen. Zu jeder
Zeit könnt ihr zwischen der übersichtlichen Tycoon-View und dem direkten
Steuern eines individuelle anpassbaren Avatars wechseln. So könnt ihr
die wunderbar animierten Tiere in ihren Gehege beobachten und mit
ausgewählten Arten sogar direkt interagieren. Wer also schon immer mal
einem Schimpansen Grimassen schneiden wollte, kann dies nun tun. Dank
der lebensechten Animationen zauberte dieses Kinect-Feature tatsächlich
direkt ein Lächeln auf unser Gesicht. Junge Tierfreunde dürften
begeistert sein! Doch nicht nur die Bespaßung eurer exotischen Bewohner
und der Gäste steht auf der Tagesordnung. Es kommt auch vor, dass ihr
mit einem Zoo-Buggy möglichst schnell Medizin verteilen müsst.
Angesichts dieser verschiedenen Aufgaben kann es durchaus stressig
werden, zumal viele Tierarten und Gegenstände erst erforscht werden
müssen. Langeweile kommt hier aber so schnell nicht auf!
Zwei Zoo Tycoons sind besser als einer
Wollt ihr es ruhiger angehen lassen, bietet euch das Spiel auch ein paar
Möglichkeiten. Im freien Modus spielt Geld und Zeitdruck keine Rolle.
Hier könnt ihr einfach so bauen wie ihr wollt, bis euch die
verschachtelten Menüs die Lust nehmen. Im Herausforderungsmodus startet
ihr mit einem bestimmten Budget und könnt ebenfalls solange ihr wollt an
eurem Tierpark werkeln. Optionale Missionsziele reizen hier außerdem
mit zusätzlichen Credits. Ist euch das noch immer zu anstrengend, ist es
auch möglich bis zu drei Online-Freunde dazu einzuladen, gemeinsam den
perfekten Zoo zu bauen. Da der Speicherstand in der Cloud gesichert
wird, können diese dann auch in eurer Abwesenheit weiterbauen. Super! Es
ist außerdem möglich, Freunden Tiere zu spenden. Das Spiel macht so
gleich deutlich mehr Spaß und bietet sich perfekt an, um das Gespräch in
eurer Xbox Live-Party zu begleiten.
Die Vergangenheit als 360-Titel
Dass Zoo Tycoon auch auf Xbox 360 erschienen ist, merkt man der Xbox
One-Version leider recht deutlich an. Die Schatten sind körnig, die
Modelle der Besucher detailarm und die Hintergründe wenig ansehnlich. Im
Gegensatz dazu sehen die Stars des Spiels, die Tiere, hervorragend aus.
Nicht nur Fell und Schuppen zeugen von Next Gen-Optik, besonders
angetan haben es uns auch die Animationen, die zeitweise kaum von einem
echten Tier zu unterscheiden sind. Charmante Elemente, wie Lemuren die
in Yoga-Position auf ihrem Felsen sitzen, sorgen regelmäßig für ein
Schmunzeln beim aufmerksamen Beobachter. In Bereich des Sounds hätten
wir uns etwas mehr Mühe gewünscht. Die Melodien plätschern im
Hintergrund daher und Sprachausgabe fehlt leider komplett. Die Textboxen
im Tutorial oder das Tierlexikon hätte man auch vertonen können, um das
Ganze ansprechender zu gestalten.
Fazit
Wem soll man Zoo nun also empfehlen? Wer auf der Suche nach einer
Hardcore-Simulation ist, wird mit dem neuen Ableger definitiv nicht
glücklich. Zu gering sind die Optionen, zu verschachtelt die Menüs. Zoo
Tycoon kann aber denjenigen unter euch viel Freude bereiten, die in
geselliger Runde über Xbox Live einen Tierpark bauen und verwalten
wollen. So manches Problem des Spiels spielt dann keine große Rolle
mehr. Auch jüngere Spieler dürften mit dem sehr freundlich gehaltenen
Titel Spaß haben. Die Kinect-Interaktionen funktionieren gut und die
Aufgaben bringen Abwechslung mit sich. Zoo Tycoon auf Xbox One ist nicht
unbedingt das Reboot, welches wir uns gewünscht haben. Es ist aber auch
nicht so schlimm, wie man befürchten konnte. Etwas mehr Tiefgang und
ein besseres Interface wünschen wir uns für den Nachfolger, um uns
vollends zu überzeugen. Wer sich nach unserem Test noch nicht sicher
ist, ob er das Spiel kaufen soll, kann über den Xbox Store übrigens auch
eine Demo herunterladen.
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