geschrieben von N. Zwanzig am 16.07.2014
Eine gewisse Skepsis machte sich breit, als THQ vor einem
Jahr endgültig in die Insolvenz ging und gezwungen war, alle Marken zu
veräußern. Wie sollte es jetzt mit den etablierten Serien weitergehen? Nachdem
man mit UFC Undisputed 3 die bisher beste Simulation des MMA-Sports abgeliefert
hatte, schnappte sich EA Sports bereits im Sommer 2012 die UFC-Lizenz und
übertrug die Verantwortung den
EA-Canada-Studios, die bereits mit der
Boxsimulation "Fight Night Champion" Erfolge feiern konnten. Nun also
der Neuanfang, welcher ausschließlich auf dem Next-Gen-Konsolen stattfindet.
Besitzer von PS3 und Xbox 360 müssen nach wie vor auf den THQ-Titel
zurückgreifen.
Nach dem Start von EA Sports UFC fühlen sich Kenner der
anderen Sport-Titel aus gleichem Hause sofort heimisch. Das Kachel-Menü aus
FIFA und Madden NFL würde konsequent übernommen. Hier fällt sofort der eher
geringe Umfang ins Auge. Neben dem klassischen Karriere-Modus finden sich
lediglich der Online-Modus, schnelles Match und die sogenannten
"Challenges", die jedoch nichts weiter als ein ausgebautes Tutorial
darstellen. Da wäre noch deutlich Luft nach oben gewesen, denn von einem
Next-Gen-Vollpreis-Titel kann man durchaus etwas mehr erwarten.
Der bereits erwähnte Karriere-Modus bildet den Kern von EA
Sports UFC. In diesem begleitet ihr euren selbst erstellten Fighter auf dem Weg
vom MMA-Nobody über die TV-Show "The Ultimate Fighter", den ersten
UFC-Vertrag bis hin zur Championship und dem unausweichlichen Ruhestand. Vor jedem
Kampf müsst ihr Trainingseinheiten absolvieren, die jedoch schnell langweilen,
da stets nur das Abspulen von Kombos verlangt wird. Echte Stimmung oder
Vorfreude auf den nächsten Fight kommt selten auf. Es werden zwar zwischendurch
Videoclips von echten UFC-Kämpfern und Funktionären eingespielt, die euch
motivieren sollen, diese nehmen aber keinen Bezug auf euren Kämpfer oder die aktuellen Geschehnisse
eurer Karriere und wirken deshalb eher wie Füllmaterial. Die Main Events
absolviert euer Kämpfer nach und nach und rückt bei Erfolg dem Titelkampf ein
Stück näher. Dabei sollte darauf geachtet werden, möglichst smart zu kämpfen
und nicht allzu schwere Treffer zu kassieren, da sich der Zustand eures Körpers
sonst drastisch verschlechtert und im schlimmsten Fall das Karriere-Ende nach
sich zieht.
Grafisch spielt EA Sports UFC in der höchsten Liga mit. Die
Kämpfer (und erstmals auch Kämpferinnen) sehen ihren realen Vorbildern sehr
ähnlich und die Mimik bzw. Gestik ist tadellos. Der Zustand des Fighters kann
jederzeit an dessen Körper abgelesen werden, der im Verlauf des Kampfes mit
kleinen und größeren Blessuren, Rötungen oder gar Blutungen
"verziert" wird. Hinzu kommt realistischer Schweiß und ein perfekt
ausgeleuchtetes Octagon. In Sachen Atmosphäre müssen jedoch einige Abstriche
gemacht werden. Wer den Kommentar nicht auf Englisch umstellt, wird wenig
Freude am Kampfgeschehen haben. Hier hätte man gern auf eine Lokalisierung
verzichten können, da UFC-Fights eng mit den Kommentatoren Joe Rogan und Mike Goldberg
verbunden sind. Schade ist auch, dass lediglich zwei Ringrichter (Mario
Yamasaki und Yves Lavigne) ins Spiel implementiert wurden. Mit dem Madison
Square Garden in New York ist zudem eine Arena dabei, in der keine MMA-Events
stattfinden, da diese im betreffenden Bundesstaat verboten sind. Der Soundtrack
des Spiels glänzt zwar mit einem guten Mix verschiedener Genres, aber leider
fehlt bei vielen Kämpfern die originale Einmarschmusik, was sehr schade ist.
Der größte Fauxpas ist jedoch das Entfernen des "Touch
Gloves"-Features zu Beginn eines Kampfes. Dies ist ein Zeichen des
gegenseitigen Respekts der Fighter voreinander und gehört einfach dazu, selbst
wenn es spielerisch keine Relevanz hat.
Innerhalb des Octagons sorgt EA's Ignite-Engine, die schon bei
anderen Titeln zum Einsatz kam, dafür, dass das Kampfgeschehen möglichst
realistisch abgebildet wird. Leider entdeckt man schnell einen eklatanten
Mangel: Schlägen und Tritten fehlt eindeutig die Wucht. Selbst bei
Heavyweight-Kämpfen hat man oft das Gefühl, dass sich die Kämpfer nur minimal berühren
bzw. mit halber Kraft zuschlagen. Beider Simulation einer Vollkontakt-Sportart
wie der UFC darf so etwas nicht passieren. So geraten Knockouts und effektive
Wirkungstreffer deutlich unspektakulärer als beim THQ-Vorgänger. Zudem steuern
sich gerade die Schwergewichte ziemlich träge, was sich mit abnehmender
Ausdauer noch verschlimmert und den Kämpfen die Dynamik nimmt. Vorausschauendes
Kämpfen wird dadurch erschwert, dass man die Verzögerung zwischen Knopfdruck
und Kick bzw. Schlag berücksichtigen muss. Auch im Bodenkampf schwächelt EA
Sports UFC ein wenig. Die Suche nach einer dominanten Position wird durch
Viertelkreis-Bewegungen des rechten Sticks realisiert, die jedoch manchmal
nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Setzt man einen Aufgabegriff
(Submission) an, beginnt wie in UFC Undisputed 3 ein Minispiel, welches zwar
funktioniert, aber immer noch keine Ideallösung darstellt.
Die Steuerung an sich ist gut gelungen und bringt die
Komplexität des Sports schön zur Geltung. Mit etwas Eingewöhnung ist diese
leicht zu erlernen, aber schwierig zu meistern, da man immer wieder gefordert
wird. Anfänger werden hingegen hoffnungslos überfordert sein und einige Zeit im
Tutorial verbringen, bevor sie sich ins Octagon wagen können. Als simpler
Prügler für zwischendurch ist das Spiel eben nicht gedacht, sondern als
Simulation eines extrem vielschichtigen Kampfsports.
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