geschrieben von R. Lilge am 10.11.2014
Neue Marken zu etablieren, ist nicht leicht. Viele Firmen
sind in der Vergangenheit daran gescheitert. Betrachtet man den Lebenslauf des
Entwicklers Insomniac Games, so hat er schon einige bekannte Spiele in Serie
herausgebracht. Mein erstes Spiel von Insomniac Games war auch gleichzeitig
mein erstes Spiel für die Playstation 1: Spyro the Dragon. Und schon damals
legten sich die Macher ordentlich ins Zeug. Es wurde gesprungen, Feuer
gespuckt, geglitten und gleichzeitig noch eine Story erzählt. Auch mehr als 15
Jahre später blieb man diesem Genre – mehr oder weniger – treu. Mit „Ratchet
and Clank“ wurde immer noch gehüpft und gesprungen und in „Resistance“ scharf
geschossen.
Insomniac Games hat also in der vergangenen Zeit nicht die
Spur gewechselt und das getan, was man am besten kann.
Mit Sunset Overdrive kam nun Microsoft mit einem Auftrag
eines exklusiven Titels für die Xbox One. Doch dieses Spiel in ein bestimmtes
Genre einzuordnen fällt nicht einfach. Ist es ein Shooter? Jein. Ist es ein
Jump and Run Titel? Jein. Na was denn nun? Urteilt selbst.
Man nehme eine Stadt namens Sunset City im Jahr 2027 und die
skrupellose Firma „Fizzco“, die Energydrinks produziert. Bei einem Launch-Event
eines neuen zuckerhaltigen Gesöffs, geht man das Risiko ein, ein Getränk ohne
vorherige Tests an die Leute zu verteilen. Natürlich hat das schlimme Folgen.
Einmal an „Overcharge Delirium XT“ genippt, gibt es vor Mutationen kein Halten
mehr. Menschen werden entstellt und ändern ihr Verhalten. Wer wiederum mit
diesen Mutanten in Kontakt kommt, wird ebenfalls infiziert. Also aufpassen! Wer
den Energydrink verschüttet, wird von Mutanten überrannt. Von Zombies möchte
man hier aber nicht sprechen. Im Spiel selbst wird auch immer wieder auf
humorvolle Art darauf hingewiesen. Merke: keine Zombies, sondern Mutanten!
Überhaupt wird Humor und Spaß bei Sunset Overdrive großgeschrieben.
Anspielungen zu unserer heutigen Popkultur stehen an der Tagesordnung. Geht es
um Drogendealer, darf natürlich das Erwähnen der erfolgreichen TV-Serie
Breaking Bad nicht fehlen. Ist der Protagonist etwas abgelenkt, dann war er
vermutlich gerade auf Reddit oder spielt auf seinem Windows Phone… na was?
Sunset Overdrive. Das eigene Spielgenre wird dabei auch gern auf die Schippe
genommen. Und wozu rote Fässer in Spiele gut sind, muss man dem Helden
selbstverständlich nicht genauer erklären.
Man trifft in der frei zugänglichen Stadt auf noch gesunde
Personen. Diese haben auch unterschiedliche Charaktere und somit auch
abwechslungsreiche Aufgaben für den Spieler. Verzogene und reiche junge
Erwachsene, die anderen die Arbeit überlassen oder eine Gruppe von verkleideten
Rollenspielern, die jedes Klischee erfüllen, mit denen man aber auf gemeinsame
Aufgabenbewältigung geht. Die Story ist allgemein sehr verrückt und wird mit
jeder Aufgabe noch verrückter.
Neben verschiedenen Mutanten gibt es auch Roboter oder
Rebellen als Gegner. Jeder hat seine Schwächen und kann mit bestimmten Waffen effektiver
ausgeschaltet werden. Sollte man das Zeitliche segnen, wird an einem bestimmten
Speicherpunkt erneut gestartet. Ein Scheitern von Missionen gibt es nicht. Und bei
Frustmomenten kann man sich selbst hier an den Respawn-Animationen belustigen.
Waffen helfen dabei, sich gegen Angriffe zu wehren. Und auch
hier blieb bei uns kein Auge trocken. Die „Flaming Compensator“ oder auf
Deutsch: „Flammenkompensator“, mit einem langen Lauf und zwei großen „Bällen“
als Patronenmagazin, ist eindeutig ein Phallussymbol. Auch explodierende
TNT-Teddybären oder Waffen, die Schallplatten verschießen, sorgen für Lacher.
Bei letzterer Waffe begründet man den Einsatz mit: „Dafür sind also
Vinylscheiben noch gut genug.“
Jede Waffe kann durch sogenannte „Amps“ aufgewertet werden
und erhöht ihre Fähigkeit. Auch die Fähigkeiten des Spielers können verbessert
werden und bringen je nach aktuellem „Style“ einige Vorteile, wie bestimmte
Moves. Seinen Style erhöht man durch das Kombinieren verschiedener Methoden der
Fortbewegung. Springen, an Wände laufen, Grinden…
Trotz Endzeitstimmung erstrahlt alles in einem Comic-Look. Die
Welt ist knallbunt und muss nicht gerade der Realität entsprechen. Perfekt für
das Setting von Sunset Overdrive.
All das klingt für Außenstehende, die das Spiel nicht kennen
sehr kompliziert. Dafür haben wir ein kleines Gameplay-Video bereitgestellt,
welches ihr am Ende dieses Tests findet.
Die Story ist – wie alles im Spiel – sehr unterhaltsam und an
Vielfältigkeit ausgewogen. Etwas suchen, jemanden Retten oder Objekte vor Mutanten
schützen sind nur wenige Beispiele. Trotzdem bleibt noch Luft nach oben.
Neben der Story gibt es auch kleine Nebenmissionen, bei
denen man sich mit seinen Freunden in einem Highscore messen kann. Hunderte
Sammelobjekte sind in der Stadt versteckt. Manche Objekte findet man einfach
nebenbei. Andere wiederum sind zu gut versteckt. Dafür kann man gesammelte
Overcharge-Dosen gegen markierte Stadtpläne bei einem Händler eintauschen. Manchmal
ist es dabei erforderlich, die angelernten Moves geschickt zu kombinieren. Aber
sind diese einmal angelernt, ist es auch nicht schwer, eindrucksvoll die Stadt
etwas sicherer zu machen.
Ein großes Plus bekommt das Spiel für die üppige Anzahl an
Variationen in der Gestaltung der eigenen Spielfigur. Dabei ist es möglich als
Mann oder Frau mit beliebigem Körperbau und einer großen Auswahl an
Kleidungsgegenstände zu spielen.
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