geschrieben von N. Zwanzig am 02.03.2015
Die Videospiel-Branche geizt nie mit Superlativen. Fast
jeder neue AAA-Titel eines großen Studios wird als "die Revolution im
Bereich X" oder "schon jetzt Kandidat auf Spiel des Jahres Y"
angepriesen, um den Hype und die damit verbundenen Vorverkaufszahlen in die
Höhe zu treiben. Den Medien präsentiert man auf Events nur die Sahnehäppchen
und freut sich über die Vorschusslorbeeren. Selten können die Games dann aber
auch wirklich das erfüllen, was sie versprochen haben.
Auch Evolve aus dem Hause 2K wurde vom Entwicklerteam Turtle
Rock Studios, den Machern von Left 4 Dead, als "das nächste große Ding"
ausgewiesen und erhielt im Vorfeld der Veröffentlichung die dementsprechende
Aufmerksamkeit der Gamingwelt. Ob das ambitionierte Projekt wirklich eine
Revolution im Multiplayer-Shooter-Bereich darstellt und den hohen Erwartungen
gerecht wird, erfahrt ihr in unserem Test:
Vier gegen Eins
Schauplatz von Evolve ist der Planet Shear, welcher als
wertvolle Kolonie der Menschen wichtige Ressourcen liefert. Doch es kommt
bekanntlich immer anders, als man denkt und so wird die Oberfläche von riesigen
Monstern überrannt, die die Anlagen der fremden Besatzer dem Erdboden gleich
machen wollen. Ein Hilferuf wird ausgesendet und ein Team bestehend aus den
zwölf besten Jägern wird losgeschickt, um die Bestien zu erlegen.
Das grundlegende Konzept von Evolve ist ebenso schnell
erklärt, wie die "Story". Im
zentralen Modus "Jagd" kämpfen vier Jäger gegen ein riesiges Monster
und versuchen dieses zu erlegen und umgekehrt. Stirbt das Monster, bedeutet
das den Sieg für die Jäger. Das Monster wiederum kann auf zwei Arten gewinnen.
Entweder eliminiert es alle Jäger, oder es entwickelt sich durch Fressen der
Fauna weiter, um auf der höchsten Stufe den Generator des Jägerteams
anzugreifen und zu zerstören. Die vier Klassen der Jäger haben unterschiedliche
Aufgaben und müssen koordiniert vorgehen, um gegen das Ungetüm eine Chance zu
haben.
Der Assault teilt den Schaden aus und zieht die
Aufmerksamkeit des Biests auf sich. Durch seinen Schild kann er besonders viel
einstecken und dank seiner großkalibrigen Waffen auch viel austeilen. Ist ein
Teammitglied verletzt, kommt der Medic zum Einsatz und heilt seine Kameraden,
um sie vor einem schnellen Tod durch das
Monster zu bewahren. Selbst ist der Sanitäter jedoch sehr anfällig und setzt
deshalb auf Distanzwaffen, wie Sniper-Gewehre. Damit das Monster nach seiner
Entdeckung durch die Jäger sich nicht so einfach aus dem Staub machen kann, hat
der Trapper die Möglichkeit, eine Art Kuppel, die sogenannte Arena, zu errichten,
die den Bewegungsbereich des Monstrums einschränken. Des Weiteren ist der
Trapper für das Aufspüren des Monsters zuständig. Unterstützung erhält das Team
durch den Support. Dieser schützt seine Mitstreiter mit Schilden oder lässt das
Monster doppelten Schaden einstecken. Die Stealthfähigkeit des Supports
erleichtert die Flucht in brenzligen Situationen.
Warum eigentlich "Evolve"?
Star des Spiels sind definitiv nicht die Jäger, sondern die
Monster. Diese werden nicht von der KI gesteuert, sondern von einem Spieler,
was die Partien im vier gegen eins extrem reizvoll macht. Die drei Bestien
spielen sich sehr abwechslungsreich und das Gefühl gegen vier andere Spieler zu
gewinnen ist unbezahlbar. Doch wer gnadenlos nach vorne prescht und den offenen
Schlagabtausch mit den Huntern sucht, wird schnell als Beute auf dem Boden
landen. Taktisches und vorsichtiges Spiel führen hier zum Ziel. Wenig Spuren
durch Schleichen hinterlassen, die Jäger auf falsche Fährten locken und stets
in Bewegung bleiben sind die Schlüssel zum Sieg.
Zu Beginn bekommt man 30 Sekunden Vorsprung, um sich von der
Landezone der Jäger zu entfernen. Durch Fressen der Tiere auf der Map
entwickelt sich das Monster anschließend in drei Stufen. Mit jeder Stufe wird das Biest
stärker und erlernt neue Fähigkeiten, die den Jägern das Leben schwer machen.
Zu Beginn steht nur Goliath zur Verfügung. Dieser ist auf
den Nahkampf spezialisiert und teilt mit seinem Feueratem Flächenschaden aus. Außerdem
verfügt er über eine Ramm-Attacke und kann Felsbrocken auf seine Gegner
schleudern. Durch sammeln von Erfahrung und erfüllen bestimmter Aufgaben steigt
der Rang des Spielers und die restlichen Monster werden freigeschaltet.
Kraken erinnert stark an Cthulu und erzeugt mit seinen
Tentakeln Elektrizität, die er in Form von Blitzen auf die Jäger abfeuert.
Durch seine Schwebefähigkeit kann der Kraken aus der Luft angreifen und ist ein
hervorragender Fernkämpfer. Mit Überschallminen kann er seine Gegner in
Hinterhalte locken und Widersacher mit Schockwellen auf Distanz halten.
Das dritte Monster im Bunde ist Wraith. Diese in der
deutschen Version mit "Geist" betitelte Kreatur verfügt zwar über die
geringste Panzerung und Gesundheit, kann sich aber im Gegenzug blitzschnell von
A nach B teleportieren und quasi "aus dem Nichts" zuschlagen. Die
langen Klingen an den vorderen Gliedmaßen verteilen dabei tödlichen
Nahkampfschaden. Außerdem kann es einen Klon von sich erschaffen, der die Jäger
angreift und ablenkt, während es selbst unsichtbar wird und so Überraschungsangriffe
möglich werden.
Mit Behemoth, dem größten Vertreter in der Monsterfraktion,
wird demnächst ein weiteres Monster per DLC nachgereicht werden. Dieses wird
jedoch nur Besitzern der Evolve Digital Deluxe Edition und Vorbestellern des
Hauptspiels kostenlos zur Verfügung gestellt. Wer die oben genannten Kriterien
nicht erfüllt muss mit 14,99 € tief in die Tasche greifen, was schon für
einigen Unmut unter den Spielern gesorgt hat. Auch wir halten diese Art der
DLC-Politik für einen Negativtrend, der dazu führen könnte, dass in Zukunft die
Games nur noch häppchenweise veröffentlicht werden um den Spielern über einen
längeren Zeitraum das Geld aus der Tasche zu ziehen. Alles nur aus Profitgier.
Was tun Einzelkämpfer?
Leute, die nicht gerne online gegen andere Spieler antreten,
werden mit Evolve deutlich weniger Spaß haben. Zwar gibt es mit
"Evacuation" eine Art Solo-Modus gegen Bots, welcher 5 Maps mit den
verschiedenen Spielmodi aneinander reiht, eine "echte"
Singleplayer-Kampagne mit einer Story sucht man jedoch vergebens. Dieser Modus
soll lediglich als Trainingsgelände für spätere Online-Schlachten dienen.
Wer hingegen auf Multiplayer steht, wird mit Evolve bestens
bedient. Neben der klassischen Jagd kann man sich in drei anderen Modi entweder
mit dem Monster oder den Jägern messen. In "Nest" haben die Jäger die
Aufgabe, sechs auf der Karte verstreute Eier des Monsters zu zerstören. Die
Bestie hat hier kaum Zeit sich zu entwickeln, da der Schutz des Nachwuchses
höchste Priorität hat. Um den Entwicklungsnachteil auszugleichen, kann das
Ungeheuer eine Ei ausbrüten und es somit "opfern", um eine Miniversion
seines Selbst als Beistand zu erschaffen.
Im Modus "Rettung" muss das Jägerteam fünf
Kolonisten sicher zu einem Evakuierungspunkt eskortieren, ohne dass das Monster
diese tötet. Diese Überlebenden sind ziemlich schwach und ohne die Verteidigung
durch die Hunter leichte Beute für das Biest.
Apropos Verteidigung: So heißt die vierte Variante der
Monsterhatz, in der es das Ziel des Monsters ist, innerhalb eines Zeitfensters
drei Energiestationen der Menschen zu zerstören. Dabei wird es von kleineren
Ungetümen unterstützt. Hier bleibt keine Zeit zum "evolven", weshalb
das Monster auf Stufe drei startet.
Als Jäger ist es online von Vorteil, wenn ihr ein festes Team
habt und eure Mitspieler kennt, weil somit ein koordiniertes Vorgehen besser
machbar ist. Mit Fremden kann es im Viererteam schnell zu Missverständnissen
aufgrund unterschiedlicher Spielweisen oder Rolleninterpretation kommen. Wer
sich lieber auf sich, anstatt auf andere verlässt und die Herausforderung gegen
vier menschliche Gegenspieler sucht, wird mit der Monsterrolle die Erfüllung
finden.
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